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Rechtsextremismus in der DDR

Auch wenn die antifaschistische DDR die Existenz rechtsextremistischer Strömungen und Gruppierungen vor allem in der Zeit nach dem Mauerbau tabuisierte, es gab sie. Noch vor dem Mauerbau war vielen Oppositionellen die Bezeichnung "faschistisch“ angehängt worden, nur um sie zu diskreditieren. So zum Beispiel galt der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 als "faschistischer Putsch“. Aber mit zunehmendem Abstand zum Kriegsende galt der Nationalsozialismus in der DDR als "ausgerottet“. Der Vorwurf "faschistisch“ wurde weitgehend nur noch auf Erscheinungen der Bundesrepublik angewendet.
Gerade diese öffentliche Tabuisierung gab rechtsextremen Einstellungen und Meinungen unter der Decke der Diktatur kräftig Nahrung. Von 2400 zwischen 1963 und 1980 aufgedeckten Delikten der so genannten "staatsfeindlichen Hetze“, entfiel rund ein Drittel auf rechtsextreme Äußerungen. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre ergab sich sogar ein Anteil von 43 Prozent. Es überwogen zwar so genannte "Einzelaktionen“. Einer Reihe von Gruppen gelang jedoch der Aufbau organisatorischer Strukturen über Monate hinweg.
Die Formen, in denen sich Rechtsextremismus artikulierte, unterschieden sich nicht stark von der Bundesrepublik: Verherrlichung des National-sozialismus, Singen von Wehrmachts- und Naziliedern, Verwendung des Hitlergrußes, Verherrlichung Hitlers als Idol und Führer und antisemitische Äußerungen.
Vor allem in den 80er Jahren nahm das Phänomen insbesondere in der Nationalen Volksarmee zu. Der Szene wurde von der Staatssicherheit aggressiveres und eskalierendes Verhalten attestiert, das in seinem Umfeld kaum auf Widerspruch stieß und deshalb fast ausschließlich mit Prozessen und anderen disziplinarrechtlichen Maßnahmen unterdrückt werden konnte.
Allein in den ersten 6 Monaten des Jahres 1978 recherchierte die Staatssicherheit mehr als 300 Jugendliche, die durch Hakenkreuzschmierereien und durch Sympathiebekundungen für Hitler auffällig geworden waren. Öffentlich bekannt wurde davon jedoch nichts.
In den 80er Jahren traten dann vor allem "Skinheads“ als - wenn auch spät - öffentlich wahrgenommene Drehscheibe des rechten Extremismus in Erscheinung. Vor allem ein am 17. Oktober 1987 durchgeführter Überfall auf ein Punkkonzert in der Ostberliner Zionskirche - die Skinheads riefen "Sieg heil“ und "Juden-und Kommunistenschweine“ – katapultierte das Phänomen dann endgültig in die Öffentlichkeit. Umfragen des Leipziger Institutes für Sozialforschung aus dem Jahre 1988 machten bei DDR-Jugendlichen ein Akzeptanz- und Sympathiepotential für nationalsozialistische Ideologie von sogar 10 bis 15 Prozent sichtbar.

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