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Sonntag,
der 3. Dezember 1989

Hunderttausende folgen am Mittag dem Aufruf zur Bildung einer Menschenkette quer durch das ganze Land von Nord nach Süd und Ost nach West. Die Kette soll ein Zeichen der Hoffnung und Entschlossenheit für eine demokratische Erneuerung sein. Pünktlich um 12:00 Uhr fassen sich die Menschen an den Händen und treten auf die Fahrbahnen. In den großen Städten ruht für eine Viertelstunde der Verkehr. Viele Fahrer verlassen ihre Autos und reihen sich ein. Wieder sind brennende Kerzen das Symbol für Friedfertigkeit.
Der Staatssekretär und SED-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski ist geflohen. Regierungssprecher Meyer erklärt, der bisherige Chef des Bereiches "Kommerzielle Koordinierung" sei sofort aller Ämter enthoben. Schalck hatte noch am Vortag offizielle Verhandlungen in Bonn geführt. Sein Aufenthaltsort sei unbekannt.
Der ehemalige Generalsekretär Erich Honecker, Ex-Premier Willi Stoph, Ex-Gewerkschaftschef Harry Tisch, Ex-Parlamentspräsident Horst Sindermann und Ex-Staatssicherheitsminister Erich Mielke werden gemeinsam mit anderen hohen Funktionären wegen schwerer Verstöße gegen das Statut aus der SED ausgeschlossen. Harry Tisch, Ex-Wirtschaftssekretär Günter Mittag sowie die Bezirkschefs Gerhard Müller (Erfurt) und Hans Albrecht (Suhl) werden verhaftet.

Nach den massiven Forderungen des Vortages und dem Druck der neugewählten Bezirkssekretäre reagieren das Zentralkomitee und das Politbüro der SED am Nachmittag mit ihrem geschlossenen Rücktritt. Anstelle des bisherigen Zentralkomitees der SED übernimmt ein Arbeitsausschuß die Geschäfte der Parteiführung. Auf seiner ersten Sitzung beschließt er die Einsetzung eines parteieigenen Untersuchungsausschusses unter Leitung von Gregor Gysi, der noch am gleichen Tag die wichtigsten Räume im Zentralkomitee versiegeln läßt.

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